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Verzicht auf Röntgen in der Notaufnahme

| Pressemitteilungen 2015,

Akute Bauchschmerzen mit Ultraschall abklären

Plötzlich einsetzende heftige Bauchschmerzen können Zeichen eines lebensbedrohlichen Notfalls, etwa eines Darmverschlusses, sein. Um ein „akutes Abdomen“ abzuklären, sollten Ärzte eine Ultraschalluntersuchung anhand des sogenannten FAS-Konzepts durchführen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). FAS steht für „Fokussierte Abdomen Sonografie“ und dient als systematischer Wegweiser durch die Untersuchung. Es ermöglicht auch wenig erfahrenen Ärzten in der Notfallstation schnell die richtige Diagnose zu stellen und die Patienten rasch der notwendigen Behandlung zuzuführen. Anders als die Computertomografie kommt der Ultraschall ohne Röntgenstrahlen aus und steht den Ärzten in der Notaufnahme unmittelbar zur Verfügung.
 

Suchen Patienten mit akuten heftigen Bauchschmerzen die Notaufnahme auf, müssen die Ärzte möglichst schnell die Ursache klären und entscheiden, ob und wie der Patient behandelt werden muss. In vielen Fällen, etwa bei Nieren- oder Gallensteinen, ist keine Operation notwendig. Bei einer Blinddarmentzündung hingegen kann ein chirurgischer Eingriff lebensrettend sein. Auch bei einem Darmverschluss, der bei vier bis neun Prozent der Patienten die Ursache von kolikartigen Bauchschmerzen ist, müssen die Mediziner schnell handeln. Ist die normale Passage des Darminhaltes blockiert, können zum Beispiel Risse in der Darmwand entstehen, Bakterien in die Bauchhöhle gelangen und dort lebensbedrohliche Infektionen verursachen.
 
„Neben Koliken sind Erbrechen und fehlender Stuhlgang Hinweise auf einen Darmverschluss“, erklärt Dr. med. Matthias Wüstner, Leitender Arzt der Zentralen Interdisziplinären Sonographie (ZIS) am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier. Um dem Verdacht nachzugehen, gilt es in den meisten Kliniken immer noch als Standard, zunächst Röntgenbilder des Bauches anzufertigen, entweder im Stehen oder im Liegen. Flüssigkeitsspiegel in den Darmschlingen zeigen in solchen Röntgenbildern an, dass der Darm stillsteht. Oberhalb des Verschlusses sind die Darmschlingen stark erweitert, unterhalb zum sogenannten Hungerdarm entleert. Die Röntgendiagnostik werde weiterhin eine gewisse Rolle spielen, sie müsse jedoch nicht mehr notwendigerweise als erstes Bildgebungsverfahren zum Einsatz kommen, so Wüstner.

Heute nutzen Ärzte an vielen Kliniken die Computertomographie zur Diagnostik des „akuten Abdomens“. „Die CT ist jedoch aufwändig und mit einem Strahlenrisiko verbunden“, so Wüstner. Der Leiter der DEGUM-Sektion Chirurgie empfiehlt stattdessen, den Ultraschall als Methode der ersten Wahl einzusetzen. Dieser könne bereits in der Notfallaufnahme durchgeführt werden und damit die Entscheidungen beschleunigen. Als Wegweiser durch die anspruchsvolle Untersuchung sollte dabei das FAS-Konzept dienen, so der Experte.

Das Konzept sieht einen systematischen Schallkopf-Rundgang durch den Bauch des Patienten vor. Dabei berücksichtigt der Untersucher bestimmte richtungweisende Veränderungen, die per Ultraschall gut und sicher zu erkennen sind. Neben auffälligen Ansammlungen von Flüssigkeiten oder Luft sind dies vor allem krankhafte Erweiterungen von flüssigkeitshaltigen Hohlorganen. So kann etwa der Harntrakt im Rahmen einer Harnsteinkolik oder der Gallentrakt im Fall einer Gallensteinkolik erweitert sein. Findet der Untersucher auffällig erweiterte Darmschlingen, tastet er sich mit dem Schallkopf an den Ort heran, an dem der Darm verschlossen oder geplatzt ist.

FAS diene als Basis, sozusagen als „kleines Einmaleins“, für den Ultraschall-Anfänger auf der Notfallstation, sagt Wüstner. In der Ultraschalldiagnostik erfahrenere Ärzte könnten darüber hinaus auch Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, des Blinddarms oder von Ausstülpungen des Dickdarms (Divertikulitis)  sonografisch diagnostizieren.
 
„In klinischen Studien hat die Sonografie zu allen vorgenannten Fragestellungen gleichwertige diagnostische Treffsicherheit erzielt wie das CT“, betont Wüstner. Die richtige Interpretation der Ultraschallbilder sei jedoch vom Wissen, der Erfahrung und der Qualifikation des Arztes abhängig, der die Ultraschalluntersuchung durchführt. Beispielsweise sei es für wenig routinierte Untersucher schwierig, zu unterscheiden, ob sich Luft innerhalb oder außerhalb des Darms befindet. Die DEGUM organisiert Fortbildungen für Ärzte im Bereich der Ultraschalldiagnostik und arbeitet kontinuierlich an deren Optimierung im Rahmen des medizinischen Fortschritts. Sie vergibt Zertifikate, mit denen Mediziner ihre Kenntnisse den Kliniken und den Patienten gegenüber dokumentieren können


Literatur:
Bowel Obstruction: Sonographic Evaluation, A. Hollerweger, M. Wüstner, K. Dirks, Ultraschall in der Medizin 2015; 36 (03): 216-238, Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Über die DEGUM:
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund  10 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM  zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter: www.degum.de 

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