Untersuchungsstandard für die transthorakale Sonografie
Die Thoraxsonografie bietet bei entsprechender Fragestellung bei vielen Erkrankungen des Brustkorbes und der intrathorakalen Organe (exkl. des Herzens, siehe dazu Echokardiografie) bereits primär wichtige und diagnostisch hinreichende Aussagen. Bei einigen Erkrankungen liefert sie im Kontext mit anderen bildgebenden diagnostischen Verfahren wertvolle Zusatzinformationen. Bei manchen klinisch häufigen Fragestellungen (wie z. B. Pleuraerguss) ist die Thoraxsonografie die beste und per se Methode der Wahl.
Die rasche Verfügbarkeit und zielführende Untersuchung macht die Sonografie auch zur idealen Bildgebung in Notfallsituationen. Bei Thoraxtraumen, Thoraxschmerz und Atemnot kann der Ultraschall sofort die Ursache klären. Die Darstellung von Pneumothorax, Rippenfrakturen, Thoraxwandverletzungen, Lungenkontusion, Pleuropneumonien, Pleuraempyem und peripheren Lungenembolien ist möglich und die angemessene Therapie kann unverzüglich eingeleitet werden.
An der gesunden Lunge wird der Ultraschall fast völlig reflektiert. Pulmonale Prozesse können mit US erreicht werden, wenn krankheitsbedingt luftfreies Lungengewebe an die viszerale Pleura reicht oder wenn ein Schallfenster (z. B. Pleuraerguss) eine Schalltransmission ermöglicht. Schallschatten finden sich am knöchernen Thorax. Die dadurch eingeschränkte Beurteilbarkeit kann durch Atemmanöver teilweise ausgeglichen werden. Transjugulär und parasternal ist das vordere Mediastinum bis zum aortopulmonalen Fenster einsehbar. Als weiterführende Untersuchungsverfahren bieten sich für das Mediastinum und die Lunge die transösophageale und transbronchiale Sonografie an, die allerdings vom Aufwand und der Handhabung invasive Untersuchungsverfahren sind.
Untersuchung mit Ultraschallkontrastmittel am Thorax
Die duale Gefäßversorgung der Lunge erlaubt die Differenzierung zwischen pulmonalarterieller und bronchialarterieller Durchblutung pulmonaler Prozesse anhand der unterschiedlichen Anflutungszeiten und Verteilung des Kontrastmittels. Die Untersuchung ermöglicht eine Unterscheidung zwischen entzündlicher und embolischer Lungenkonsolidierung. Nekrosen und Einschmelzungen können abgegrenzt werden. Vor einer geplanten Biopsie können durch die Kontrastmittelgabe die vitalen Gewebsanteile in einem Tumor erfasst und gezielt punktiert werden.
Gerätetechnische Voraussetzungen
Für die Untersuchung am Thorax eignen sich alle Geräte der DEGUM-GerätelisteStufe I der allgemeinen Anwendungen. Im Wesentlichen handelt es sich um Geräte, die auch in der Sonografie von Abdomen und Schilddrüse Anwendung finden. Allerdings ist eine entsprechende Software-Einstellung gesondert zu erstellen.
Die Schallsonden müssen Frequenzbereiche abdecken, die sowohl für das Nahfeld als auch für hohe Eindringtiefen geeignet sind. Aktuell ist dies beispielweise eine hochauflösende Linearschallsonde mit einem Frequenzbereich um fünf bis zehn MHz für die Darstellung der Thoraxwand und der Pleura. Für tiefer liegende Lungenläsionen und für das Mediastinum sind Schallsonden mit sektorähnlichem Bild und Frequenzen um zwei bis fünf MHz erforderlich.
e kleiner die Ankopplungsfläche letzterer Schallsonden ist, umso besser kann sie interkostal, im Jugulum oder in der Supraklavikulargrube aufgesetzt werden. Zu beachten ist, dass Geräteeinstellungen, die für die Echokardiografie gebräuchlich sind, für das übrige Mediastinum nicht geeignet sind. Fokusposition, Kontrast und Graustufentiefenausgleich müssen zur Darstellung der pulmonalen und mediastinalen Strukturen entsprechend angepasst werden.
Eine Farbdopplerausrüstung ist für die Basisuntersuchung nicht erforderlich. Ultraschalltechniken, die die Durchblutung darstellen (z. B. Fardoppler-, Kontrastmittelsonografie) erfordern mindestens Geräte der Stufe II der DEGUM-Geräteliste zur besseren Artefaktunterdrückung.
Untersuchungsvorgang
Die Untersuchung wird üblicherweise am sitzenden Patienten dorsal begonnen, beim liegenden Patienten ventral oder lateral. Bei entsprechenden Indikationen (Mediastinum, Zwerchfell, Darstellung der ventralen Thoraxpartien) ist eine Rücken- oder Halbseiten- bis Seitenlage vorteilhafter. Die Untersuchung wird in In- und Exspiration durchgeführt, gegebenenfalls kombiniert mit Atemmanövern, Atemanhalt, Husten oder „Schnüffeln“. Das Anheben der Arme und Verschränken hinter dem Kopf führt zu einer Erweiterung der Interkostalräume und erleichtert den Zugang zu den intrathorakalen Organen. Wird eine Hand auf die kontralaterale Schulter gelegt, dreht sich die Skapula nach außen, sodass auch der Bereich retroskapulär weitgehend beurteilt kann.
Die Schallsonde wird zunächst entlang der Längslinien am Thorax (Parasternallinie, Skapularlinie, hintere, mittlere und vordere Axillarlinie, Medioklavikularlinie und Paravertebrallinie) geführt. Ergänzend erfolgen schräge Schnittführungen entlang der Interkostalräume von dorsal nach ventral. Für die Darstellung des Zwerchfells empfehlen sich bei Rücken- oder Halbseitenlage des Patienten Längs- und Querschnitte im Oberbauch mit nach kranial angulierter Schallsonde. Supraklavikulär können die Lungenspitze und Teile der Subklavia-Gefässe eingesehen werden. Das vordere Mediastinum wird transjugulär und parasternal in Links- und Rechtsseitenlage untersucht.
Die Untersuchung der oberen Thoraxapertur beginnt an der Basis des lateralen Halsdreiecks. Mit höher auflösenden Sonden (> fünf MHz) sind die Äste des Plexus brachialis zu erkennen. Mit infraklavikulären und transaxillären Schnittführungen werden Nerven-, Gefäßverläufe und der Blick auf den Lungenoberlappen erfasst.
Mittels ultraschallgezielter Punktion lassen sich auch schon kleinste Pleuraergüsse kompikationsarm zur weiteren zytologischen, bakteriologischen und laborchemischen Analyse aspirieren.
Befundbeschreibung und Dokumentation
Der Untersuchungsvorgang wird beschrieben. Pathologische Befunde werden in Lage, Form, Größe und Struktur beschrieben und bildlich oder in Video-Clips festgehalten.
Diese Standards wurden am 18.02.06 erstellt, im Juni 2017 überarbeitet. Ein Update ist für 2021 vorgesehen.
Sonja Beckh, Nürnberg
Jörg Kämmer, Berlin
Wolfgang Blank, Reutlingen
Reinhard Kubale, Pirmasens
Gebhard Mathis, Hohenems (Österreich)
Angelika Reißig, Jena
Joachim Reuß, Böblingen
Alexander Heinzmann, Reutlingen
für den Arbeitskreis Thoraxsonografie der DEGUM