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DEGUM: Ultraschall ermöglicht zielgerichtete Schmerztherapie bei chronischen Rückenschmerzen

| Pressemitteilungen 2021, DEGUM Aktuell,

Berlin - Rückenschmerzen sind der häufigste Grund für einen Arztbesuch in Deutschland. Fehlbelastungen, Nervenschäden und Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule können zu Entzündungen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen führen. Der Ultraschall bietet neue innovative diagnostische und therapeutische Verfahren in der Schmerztherapie von Rückenleiden. Sonografisch geführte Injektionen in Wirbelgelenke oder an die Nervenwurzeln können Schmerzen reduzieren und erst so weitere Behandlungsformen wie eine Physiotherapie ermöglichen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) hin. Durch eine ultraschallgeführte kurzfristige Ausschaltung von Nerven könne außerdem der Schmerzursprung identifiziert werden.

Schmerztherapeutische Interventionen an der Wirbelsäule sind nicht neu – sie sind unter Anwendung der Computertomografie bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Wirbelsäulenbeschwerden seit Jahrzehnten etabliert. Neu ist allerdings, dass diese Verfahren auch unter Anwendung des strahlungsfreien Ultraschalls durchgeführt werden können. Durch die Anwendung der Sonografie können Röntgenstrahlen vermieden werden, was zur Reduktion von Strahlenbelastung führt. Zahlreiche Studien belegen, dass es dabei nicht zu Einschränkungen in der Behandlungsqualität kommt. „Der Einsatz moderner Ultraschallgeräte bietet enorme diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in der Schmerzmedizin“, sagt Dr. med. Karsten Pracht, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin an den Sana Kliniken Leipziger Land in Borna. Ultraschallgestützte Interventionen hätten vor allem in der Diagnostik und bei akuten Bandscheibenvorfällen eine sehr gute Evidenz (s. Literaturquellen).

Pracht und seine Mitarbeiter führen die ultraschallgestützten Interventionen seit rund vier Jahren durch. In der Regel handelt es sich dabei um sogenannte Facettenblockaden. Dabei führen die Ärztinnen und Ärzte unter Ultraschallkontrolle eine Punktionsnadel an das schmerzverursachende Wirbelgelenk oder die gereizte Nervenwurzel und spritzen anschließend ein Schmerzmittel – gegebenenfalls in Kombination mit einem Kortison – zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. „Unser Ziel ist es, den Schmerz so weit zu reduzieren, um weitere Maßnahmen zum muskulären Aufbau wie zum Beispiel Physiotherapie durchführen zu können“, erklärt Pracht, der auch der Leiter der Sektion Anästhesiologie der DEGUM ist. Unter den akuten Schmerzen sei es den Betroffenen oftmals kaum möglich, physiotherapeutische Übungen auszuhalten. „Ohne die Intervention wären hohe Dosen von Opioiden notwendig, die den ganzen Körper negativ beeinträchtigen würden, auf diese Weise aber überflüssig sind“, so der Experte. Die ultraschallgestützten Interventionen seien Bestandteil eines multimodalen schmerztherapeutischen Konzeptes und dürften niemals losgelöst voneinander betrachtet werden.

Ultraschallgeführte Verfahren können aber auch an peripheren Nerven am gesamten Körper eingesetzt werden und gelten hier bereits als Goldstandard. „Um Schmerzen zu behandeln, müssen wir zunächst ihren Ursprung exakt zuordnen“, erklärt Pracht. „Wenn ein gemischtes Nervenversorgungsgebiet vorliegt, kann ich mit unserem Verfahren gezielt einen Nerv ausschalten, ohne andere Nerven mit zu blockieren.“ Das funktioniere nur für wenige Stunden. Man könne so jedoch herausfinden, ob der Schmerz durch einen oder durch mehrere Nerven bedingt ist und durch welche. Im Anschluss könnten die Schmerzmediziner die Therapie individuell planen.

Die Sektion Anästhesiologie der DEGUM bietet seit 2021 ein Weiterbildungscurriculum für Interventionen der Schmerztherapie an, darunter auch die Interventionen an der Wirbelsäule. Der Fünf-Tages-Kurs ist für alle Fachrichtungen offen und wird von DEGUM-Experten verschiedener Disziplinen betrieben. „Wir möchten dadurch die schonenden, strahlungsfreien und viel kostengünstigeren ultraschallgestützten Interventionen in der Breite der Ärzteschaft verankern“, sagt Pracht abschließend.

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